Studium in der Pandemie

Nun befinden wir uns schon seit über einem Jahr in dieser Pandemie. Ich muss zugeben, das erste halbe Jahr der Pandemie war ich noch recht zuversichtlich, natürlich war ich enttäuscht und maßlos traurig über die abgesagten Abiturfeierlichkeiten. Dennoch habe ich die Situation akzeptiert und war hoffnungsvoll auf bessere Zeiten. Studienstart zu Corona, das wird schon, dachte ich mir. Ich dachte auch, ich käme mit der Situation an sich vielleicht besser zurecht, weil ich endlich das machen kann, was mich interessiert. Grundschulpädagogik, Didaktik, Psychologie. In meinem ersten Semester bin ich völlig aufgegangen, hatte wirklich sehr viel Spaß, trotz der Onlinelehre und der Tatsache, dass ich erst drei Mal (jeweils zu Klausuren) die Uni von innen sehen durfte.

Schon seit einigen Monaten lese ich von verschiedenen anderen Studierenden, dass sie durch die Pandemie keine Motivation mehr haben, überlegen, ihr Studium zu wechseln oder gar abzubrechen. Ich muss zugeben, bis vor einigen Wochen war ich mir ziemlich sicher, dass mir sowas nicht passieren würde. Ich war absolut fasziniert von den Inhalten der Vorlesungen und Seminaren, träumte mich schon in den späteren Beruf hinein und war absolut motiviert. Aber irgendwie scheint dieses Gefühl im ersten Semester geblieben zu sein. Das zweite Semester läuft schon über einen Monat und ich merke, ich schleppe mich jetzt schon nur noch durch. Ich mache nur noch das nötigste, in einigen Modulen hänge ich schon 2,3 Wochen hinterher mit den Vorlesungen. Ich habe dieses Semester (eigentlich Gott sei Dank) pro Woche zwischen 4 und 6 Abgaben, die mich immerhin zwingen, mich mit den Inhalten auseinanderzusetzen sonst würde ich vermutlich noch weniger für die Uni machen.

Ich wollte unbedingt Grundschullehrerin werden, da ich mir nicht vorstellen kann, jeden Tag das gleiche zu tun, in ein Büro zu fahren und acht Stunden nur auf Computer zu starren. Das ist nichts für mich. Ich denke, mein Gefühl hat sich bestätigt. Denn genau das tu ich momentan. Nur, dass ich nicht mal in ein Büro fahre, sondern in meinem WG Zimmer sitze und arbeite. Mir fehlt die Abwechslung, jeder Tag ist gleich. Ich würde so gerne mal in die Uni gehen, Kommilitonen kennen lernen und ich mit ihnen austauschen. Mit zwei Personen aus der ganzen Uni habe ich Kontakt. Und das sind meine Mitbewohnerinnen. Die eine studiert sogar Grundschullehramt, jedoch hat sie jetzt ihr Studium pausiert und wartet auf ihren Termin für die Psychatrie. Dementsprechend drehen sich die Gespräche, die ich mit beiden führe, meistens um Depressionen, Suizidgedanken, andere Krankheiten und weitere psychische Störungen. Mich selbst zieht es schon runter ehrlich gesagt, ich versuche ihnen schon irgendwie aus dem Weg zu gehen.

Auch wenn es egoistisch klingt, ich möchte mich mit Kommilitonen über mein Studium, Dozenten, Module austauschen. Zusammen einen Tee trinken, ohne dann nach 3 Minuten wieder das Depressionsthema aufkommt. Ich weiß, sie machen es beide nicht absichtlich und es tut mir wahnsinnig Leid für beide, dass es ihnen so schlecht geht, aber da ich selbst die letzten Monate immer wieder selbst in diese Richtung abzurutschen drohe, möchte ich einfach nicht dauerhaft über diese Themen sprechen.

Mein Alltag fühlt sich so eintönig an, die Vorlesungen machen mir keinen Spaß mehr, ich erwische mich immer öfter dabei, wie ich die Aufgaben auf den letzten Drücker erst abgebe und sie immer öfter erledige, weil ich es muss und nicht mehr, weil ich es will. Ich hätte es im ersten Semester nicht erwartet, aber so langsam kommen bei mir auch Studienzweifel auf. Ist das überhaupt das richtige? Wie soll das alles weitergehen? Manchmal denk ich auch daran, einfach alles abzubrechen und eine Ausbildung zu starten. Einfach um ein bisschen Abwechslung zu bekommen. Um mich mit anderen Menschen austauschen zu können. Aber ich weiß auch nicht, ob mich das wirklich glücklich machen würde. Eigentlich hat mich mein Studium zu 100% erfüllt, ich fand ausnahmslos jede Veranstaltung hoch interessant, sogar Mathe. Aber manchmal frage ich mich schon, wo das alles hinführen soll.

Ich mache, wenn alles klappt, in drei Jahren mein erstes Staatsexamen. Dann bin ich fertig mit der Uni. Ob ich sie jemals von innen sehen werde? Ob ich jemals fühlen kann, wie sich ein richtiger Student fühlt? Ob ich jemals ein richtiger Student sein werde? So viele Fragen und die Antworten sind irgendwie ganz weit weg, im tiefen Nebelschleier vor mit verborgen. Wie lange soll das jetzt noch gehen? Das Gefühl, dass die Unis irgendwie komplett vergessen werden von der Politik, aber gut, wer hat das Gefühl gerade nicht? Die ganzen Grübeleien sind nicht gut, ich merke auch, wie sie mir ordentlich auf den Magen schlagen. Ich kann sie nur eben nicht ausstellen.

Ich hätte es im ersten Semester nie für möglich gehalten, aber so ist es nunmal gerade. Meine Motivation ist dank Corona irgendwie dahin. Mein Studium macht mir keinen Spaß mehr, es ist mehr etwas lästiges, was getan werden muss. Und das ist super schade. Es bleibt uns aber wohl dennoch nichts anderes übrig, als einfach abzuwarten und zu hoffen, dass es irgendwann wieder normal sein wird. Und solange einfach den Kopf ausstellen und versuchen, einfach nur noch zu funktionieren. Wir schaffen das!