Studentische Selbstfindungsphase

Es ist Montag, 07.12.2020, 14:04 Uhr. Was habe ich bis jetzt gemacht? Ausgeschlafen und ein sehr langes Gespräch mit meiner Mitbewohnerin geführt. Ja, richtig. Ich habe heute noch nichts für die Uni gemacht heute. Und das ist okay. Ich befinde mich nun in der 6. Woche meines Studiums, die ersten 2,3 Wochen war ich damit beschäftigt, mich an die Umstellung zu gewöhnen, mich mit den Bergen an Aufgaben vertraut zu machen und mich einzuarbeiten. Derzeit befinde ich mich mehr oder weniger in einer Selbstfindungsphase. Ich erwische mich immer öfter bei den Gedanken: wie willst du wirklich sein?

Letzte Woche startete ich mit einem Experiment, jeden Tag um acht Uhr aufzustehen und dann auch direkt etwas für die Uni zu machen, sodass ich abends frei hatte. Dies hat so semi gut funktioniert. Man muss dazu sagen, dass es mir morgens wirklcih sehr schwer fällt, aus dem Bett zu kommen. Nun, was ist mein Fazit der Woche? Geplant war, dass ich mich gut fühle, viel schaffe, eine vorzeigbare Studentin bin, die gewissenhaft morgens ihre Dinge erledigt. Soweit der Plan. Die Realität sah jedoch ein wenig anders aus: am Montag war ich bereits um 16 Uhr so kaputt, dass ich ganz froh war, als mein Seminar um 16 Uhr ausgefallen ist. Dienstag war ich morgens tatsächlich motiviert (kann aber auch am Schnee gelegen haben, der mir gute Laune bereitet hat). Nach meiner Mathevorlesung, die bis um 11 ging, war ich allerdings durch. Ich war dermaßen unmotiviert, auch nur irgendwas zu tun, deshalb bin ich eine Runde spazieren gegangen bin. Im Anschluss hatte ich ein Tutorium und habe danach auch kaum noch etwas getan. Mittwoch war es ähnlich, ich stand sogar schon mit recht schlechter Laune auf, war einfach müde und kaputt. Dann habe ich jedoch gegen 14 Uhr mit einer Vorlesung angefangen, im Anschluss hatte ich ein Tutorium zu dieser und danach war ich tatsächlich so motiviert, dass ich das wöchentliche Portfolio in einem Modul schrieb, das Portfolio für ein anderes Modul und den dazugehörigen Bezugstext las und zusammenfasste, sodass ich gegen halb 8 fertig war. An diesem Tag hatte ich überraschenderweise doch noch etwas geschafft. Donnerstag hatte ich direkt um 8 eine Vorlesung, die ich aus dem Bett verfolgte, was dazu führte, dass ich am Ende dermaßen müde war, dass ich mich tatsächlich noch eine Stunde hinlegte zum schlafen. Im Anschluss 2 Veranstaltungen, am Abend schaffte ich es sogar, mich 5 Stunden lang (bis 23 Uhr) mit einer Mathe Erkundung auseinander zu setzen, worauf ich schon etwas stolz war. Das war es dann aber auch mit meiner Produktivität diese Woche. Freitag nach dem Mathe Tutorium war ich erledigt. Ich habe von Freitag bis jetzt tatsächlich fast nur geschlafen und Serie geschaut, die Wohnung geputzt und eine Vorlesung gehört. Das wars.

Ich bin normalerweise eine sehr ehrgeizige Person, die sehr viel Wert darauf legt, was andere von ihr halten (was nicht, immer so sinnvoll ist). Ich möchte nicht, dass jemand etwas schlechtes über mich denkt (in diesem Blog hier ist es mir tatsächlich recht egal, da ich hier anonym bin und es genieße, meine Gefühle und Gedanken einfach niederzuschreiben ohen mir Gedanken machen zu müssen, was die Leser von mir halten). Dies war tatsächlich auch einer der Gründe, weshalb ich letzte Woche dieses Experiment startete. Ich war schon in der Schule immer sehr fleißig, nach 8 Stunden in der Schule saß ich nicht selten bis 10 oder 11 Uhr (auch am Wochenende) und habe gelernt. Natürlich wurde ich auch durch einige gute Noten belohnt, jedoch hat es mich auf Dauer ziemlich fertig gemacht, wirklich freie Zeit für mich, eine Seltenheit. Es wurde ein wenig besser, als ich mit meinem Freund zusammengekommen bin und ich mir dann Zeit für uns beide nahm.

Ich habe mich letzte Woche und auch die Wochen davor häufig fertig gemacht, mich extrem faul gefühlt, was mit meinem Selbstwertgefühl einiges gemacht hat. Ich versuchte, etwas von mir zu erwarten, was ich gar nicht schaffte in dem Moment. Nun habe ich mir jedoch überlegt, dass es keinen Sinn ergibt, auf Zwang zum Beispiel früh aufzustehen: die wirklich wichtigen Sachen habe ich nach wie vor abends gemacht (Eule halt), morgens war ich einfach nur gerädert, dies zog sich über den ganzen Tag, erst abends wurde es etwas besser. Ich dachte mir jedoch, ich habe mir in der Abizeit auch angewöhnt, ab 8 Uhr am Schreibtisch zu sitzen udn zu lernen und es hat gut funktioniert, wieso also nicht auch jetzt versuchen? Nun ja, ich habe drei mal die Woche Veranstaltungen bis 18 Uhr, die kann ich komplett vergessen, wenn ich seit 8 am lernen bin.

Heute morgen bin ich dann tatsächlich auch erst um 10 aufgestanden, ich war so müde und erschöpft, habe meinen Wecker überhört und es nciht geschafft, aufzustehen. Ich hoffe, dass die Erschöpfung und Müdigkeit (wenn ich weniger als 10 Stunden derzeit schlafe, ist der Tag für mich gelaufen) derzeit Auswirkungen durch den Pillenwechsel sind, wir warten ab. Nachdem ich meine Mitbewohnerin in der Küche zum „Frühstück“ traf, haben wir noch lange gequatscht, unter anderem fiel die Aussage „ich glaube, wir sind nun endgültig im Studentenleben angekommen.“. Dieser Satz hatte mich ein wenig nachdenklich gestimmt. Ein Vorurteil von Studenten ist ja häufig, dass sie den ganzen Tag nichts tun würden. Als ich so drüber nachdachte, fiel mir auf, dass die Möglichkeiten dafür zumindest gegeben sind. Ich möchte versuchen, mich selbst nicht mehr so unter Druck zu setzen und zu zwingen, etwas für die Uni zu tun. Ich bin super im Zeitplan, hängt 0 hinterher (bis auf eine Mathe Erkundung). Deshalb werde ich versuchen, mich mehr wie ein Student und weniger wie ein Arbeitnehmer verhalten zu wollen – ich krieg ja schließlich kein Geld dafür, sondern zahl eine ordentliche Summe.

Ich möchte ein wenig merh die Studentenzeit genießen, früh aufstehen und Stress habe ich mein restliches Leben noch genug. Ich habe mir meine Schulzeit durch das ewige sich-selbst-stressen-und-kaum-Freizeit-gewähren wirklich viel kaputt gemacht, das möchte ich jetzt nachholen. Oder zumindest versuchen. ich weiß nicht, ob mir das gelingt, vielleicht stellt sich mein Ego auch irgendwann dazwischen und ich mache wieder einen auf, wie mein Freund immer so schön sagt, workaholic. Aber ich möchte meine Jahre als Studentin genießen, ich möchte leben und nicht nur dem Erfolg nachheimsen. Natürlich heißt das nicht, dass ich ab jetzt gar nichts mehr mache. Oder nur noch, wenn ich Lust habe. Es soll einfach heißen, ich teil mir meine Zeit so ein, wie ich das möchte, nicht, wie ich denke, wie es jemand von mir erwarten könnte. Am Ende der Woche möchte ich die Woche gut abschließen, nichts in die neue Woche mitnehmen und mir auch den Schlaf nehmen, den mein Körper gerade braucht.

Deswegen würde ich sagen, ich befinde mich derzeit in einer Art studentischen Selbstfindungsphase. Ich muss austesten und probieren, wer ich bin und wer ich sein will. Und dabei sollte ich auf mich hören und nicht auf andere und schon gar nicht anfangen, mich mit anderen zu vergleichen. Und das solltest du auch, denn das kann man, denke ich, auf alle möglichen Lebensbereiche übertragen. Wichtig ist, dass man mit sich selbst im Reinen ist, denn (vor allem Schule und Studium machst du nur für dich) es nützt nichts, anderen gefallen zu wollen oder sich mit ihnen zu vergleichen, dafür sind wir alle zu unterschiedlich. Was ich mir von dem Ganzen erhoffe: dass mir die Freude am Studieren und das Interesse an den Inhalten möglichst lange erhalten bleibt und ich weiß, dass ich das alles freiwillig tu, mich niemand dazu zwingt.