Sozialphobie & Selbstbewusstsein

Heute morgen hatte ich in einem Tutorium für Didaktik der Mathematik die erste Sitzung im neuen Semester. Meine Tutorin wollte gerne, dass sich jeder kurz vorstellt und ein bis zwei Sätze zu sich sagt. Also Name, Drittfach (an meiner Uni studiert jeder Grundschullehramtsstudent automatisch Deutsch und Mathematik und wählt sich dann ein Drittfach wie Sachunterricht (in meinem Fall), Kunst, Sport, Musik,… dazu), woher man kommt und in welchem Semester man studiert. Eben irgendwie die Standardfragen, die vor allem am Anfang des ersten Semesters in sehr vielen Veranstaltungen oft gestellt wurden. Fragen, die auch überhaupt nicht weh tun oder weswegen man aufgeregt sein müsste. Tja. Müsste. Ich war selbst extrem genervt von mir, als ich bei den Worten „jeder sagt etwas zu sich und ruft dann jemand anderen auf“ direkt Panik bekam, den Schweiß meine Arme runterlaufen spürte und gezittert als wäre sonst was. Weil ich in meine Kamera kurz 2 Sätze sagen sollte. Ich war erst erleichtert, als ich aufgerufen wurde und mich vorgestellt hatte. Im Nachhinein kann ich darüber nur den Kopf schütteln. Tja, jetzt fragt man sich vermutlich (zurecht): wieso studiert so jemand Lehramt? Wie will die sich denn vor ne ganze Klasse stellen und reden? Ja, gute Frage.

Es war schon zu Schulzeiten so, ich habe einfach ungern im Unterricht vor anderen etwas gesagt, Referate habe ich jedoch gerne gehalten, da ich hier genau wusste, was ich wann sage und mir zu 100% sicher sein konnte, dass es richtig und auch sinnvoll war, was ich da sage. Vor zwei Monaten habe ich die Verdachtsdiagnose Sozialphobie erhalten. Anfangs war ich erleichtert, mein komisches Verhalten hat einen Grund, ich bin halt einfach so.

Ich glaube, als Lehrerin sind es trotzdem nicht die besten Voraussetzungen. Vor einer Gruppe jüngerer Kindern fällt es mir zwar deutlich leichter zu sprechen, als vor Erwachsenen oder Jugendlichen. Dennoch verfolgen mich so langsam ein wenig Zweifel, ob das wirklich die richtige Entscheidung war. Das Studium werde ich auf jeden Fall zu Ende bringen, es macht mir so viel Spaß, jede Veranstaltung bereitet mir Freude, ich finde die Inhalte und Themen super interessant und habe das Gefühl, den optimalen Studiengang für mich gefunden zu haben. Wie es aber nach dem Studium weiter gehen wird, weiß ich noch nicht so recht. Im dritten, bzw. vierten Semester steht das Praxissemester an (sofern Corona mitspielt…). Ich hoffe, dass ich hier meine letzten Zweifel endgültig ablegen kann und auch selbstbewusster werde. Dass ich mich in meiner Berufswahl bestärkt fühle, dass ich das kann. Ich stelle mir den Beruf sehr schön vor, auch die vier Seiten im Studieneinstiegsportfolio, auf denen die Gründe für die Berufswahl beschrieben werden sollten, schrieben sich fast wie von selbst. Ich weiß eben nur nicht, ob ich dafür auch selbstbewusst genug bin.

Ich bin selbst extrem genervt von meinem absolut unbegründeten schüchterenen Verhalten, der vermutlich auch durch den mangelnden Selbstwert (den ich mir manchmal auch nicht wirklich erklären kann) verstärk. Daher möchte ich wirklich versuchen, offener und vor allem selbstbewusster zu werden. Ich glaube, damit fällt einem, auch im Studium, vieles deutlich leichter.

Ich werde diesbezüglich nach Tipps recherchieren, sie ausprobieren und diese dann auch hier sehr gerne teilen und weiterhin berichten, ob und wie sich etwas verändert hat. Auch wenn da diese Verdachtsdiagnose steht, ich will mich nicht darauf ausruhen. Einfach mal ein bisschen mehr ich selbst sein, keine Angst vor Ablehnung haben. Einfach ein bisschen selbstbewusster durchs Leben gehen 🙂