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Am Montag noch habe ich geschrieben, dass ich spontan auf dem Weg in die Heimat bin, um bei meiner Schwester zu sein, die unser Elternhaus aufgrund der Coronaerkrankungen unserer Eltern vorübergehend verlassen musste. Ich habe mir schon gedacht, dass es nicht einfach wird. Aber ich habe es ehrlich gesagt unterschätzt.

Meiner Schwester geht es nach der letzte Woche mental überhaupt nicht gut. Sie ist sehr stark belastet und kommt langsam an ihre Grenzen. Ich versuche für sie da zu sein, so gut ich kann, aber ich kann ihr nicht das geben, was sie braucht. Ein Grund dafür kann natürlich auch sein, dass ich selbst seit Wochen Schlafmangel und erheblichem Stress ausgesetzt bin. Ich muss überlegen, wann ich das letzte Mal wirklich richtig entspannt habe. Ich gehe auf dem Zahnfleisch, kann langsam nicht mehr und habe mich mit Vorfreude auf die Osterferien gefreut. Ein bisschen Pause. Nebenbei Seminare und Vorbereitungen für mein weiteres Praktikum. Aber auch einfach mal ein bisschen Pause. Durch die Umstände habe ich zwar an sich Pause. Aber mental nicht. Ich muss versuchen, organisatorisch alles hinzubekommen. Gleichzeitig für meine Schwester stark sein und sie trösten. Mir selbst nicht anmerken lassen, dass ich gerade eigentlich überhaupt nicht so stark bin, wie ich die ganze Zeit tu. Richtig Möglichkeit zum Rauslassen habe ich abends unter der Bettdecke. Da kann ich weinen. Aber reden ist momentan schwierig. Obwohl mir das immer sehr hilft, meine Gedanken nicht in mich hineinzufressen.

Es ist gerade irgendwie eine Ausnahmesituation. Niemand weiß, wie lange das noch geht. Wir sitzen in einer „fremden“ Wohnung, wissen nicht wann wir wieder nach Hause können oder ob jeder Schnelltest bei uns auch eine Infektion anzeigt. Die Ungewissheit ist wirklich schwierig. Ich weiß, es ist Meckern auf ganz hohem Niveau. Es gibt viel zu viele Menschen, die wirklich ihr Zuhause verlassen müssen. Für immer. Deren Zuhause zerstört wird. Aber dennoch dürfen wir uns überfordert fühlen und die Situation einfach scheiße finden.

Und obwohl wir von vielen Menschen in unserem Umfeld Hilfe angeboten bekommen haben, fühle ich mich einfach nur einsam. Ich glaube, das, was ich mir momentan am meisten wünsche, ist einfach richtig in den Arm genommen zu werden.

Es ist mir egal, ob ich für andere schwach rüber komme, weil ich in dieser Situation überfordert bin und mit der Verantwortung ein wenig ins Wanken gerate. Es ist mir egal, ob es in meiner privilegierten Lage angemessen oder überhaupt berechtigt ist, sich zu beschweren. Manchmal tut das auch einfach nur gut und man muss alles einfach auch mal rauslassen.

Nach jedem Tief kommt wieder ein Hoch. Ich hoffe, unser Tief ist bald vorüber, es gibt keine folgenden Schäden für die Erkrankten und ich kann in eineinhalb Wochen wieder in den Alltag einsteigen.

Ich wünsche allen, die gerade auch in einer Situation sind, die sie überfordert – ganz egal, warum – viel Kraft und Geduld! Und allen anderen soweit frohe Ostern.