Blackfish

Ich erinnere mich daran, dass ich als Kind ein Leselernbuch mit kurzen Delfingeschichten hatte. Eine dieser Geschichten handelte von einem Mädchen, das mit seinen Eltern ein Delfinaquarium besuchte und sich dort auch die Delfinshows ansah. Sie hat die Kunststücke der Tiere gesehen und durfte dann sogar an das Becken gehen und den Delfin streicheln. Als sieben jährige fand ich das wahnsinnig toll und wollte es auch unbedingt einmal erleben. Heute bin ich jedoch sehr dankbar, dass ich es nie erleben „durfte“. Warum? Nun ja, neben dem gesunden Menschenverstand eines Erwachsenen liefert die Dokumentation „Blackfish“ mehr als genügend Gründe.

In der Dokumentation geht es zwar um Orcas, genauer um den berühmten Orca Tilikum, der während seiner Gefangenschaft einige Trainer tötete, aber vom Prinzip kann diese Dokumentation meiner Meinung nach stellvertretend für alle Meeressäuger betrachtet werden. Und vielleicht auch nicht nur für Meeressäuger.

Ich kannte diese Doku zwar bereits, aber als sie mir gestern wieder vorgeschlagen wurde, musste ich mir noch ein zweites Mal ansehen. Die Bilder sind bewegend. Beschämend. Beginnend bei der gezeigten Waljagd, in der die Walbabys von ihren Müttern getrennt werden, einige Wale ertrinken und einfach auf den Meeresboden versenkt werden. Weiter zum Transport in SeaLand, bzw. SeaWorld. Das Leben in diesen kleinen dunklen Boxen. Der Terror und das Mobbing unter den Walen, ausgelöst durch das Zusammenpferchen der Tiere. Eine Walmutter, die in Gefangenschaft ihr Kalb zu Welt bringt und nach der Trennung von diesem qualvoll tagelang schreit. Es ist einfach schrecklich, diese Bilder zu sehen. Es zerreißt mir das Herz. Zwischendrin werden immer wieder Interviews von ehemaligen SeaWorld Mitarbeitern eingeblendet. Es werden Videos der vielen (tödlichen) Unfälle gezeigt. Die eindeutig ein Zeichen davon sind, dass man diese Tiere niemals in Gefangenschaft leben sollten.

Durch die Vermittlung von Falschinformationen seitens SeaWorld bezüglich der abgeknickten Rückenflosse oder der Lebenserwartung werden die Zuschauer der Shows besänftigt. Nicht selten fallen Sätze der Trainer während der Shows wie „sie machen das nicht, weil sie gezwungen werden. Ihnen macht das Spaß“. Und obwohl das dem Zuschauer dieser Shows immer wieder eingetrichtert wird und egal wie naiv sie sein mögen. Jeder Einzelne, ob bewusst oder nicht, unterstützt diese barbarischen Tätigkeiten und schadet den Walen. Denn SeaWorld und Co finanzieren sich zu großen Teilen aus den Einnahmen der Zuschauer. Und jeder einzelne Zuschauer, der sich Tickets für eine solche Show besorgt, unterstützt sie dabei. Und unterstützt damit auch indirekt diese Tierquälerei. Gerade heutzutage ist es so leicht wie nie, in wenigen Minuten zu recherchieren, kurz zu schauen, ob das überhaupt Artgerecht ist (wenn man da mit seinem Verstand nicht selbst drauf kommt) und sich dann zu überlegen, ob man so etwas wirklich unterstützen möchte. Vielleicht hilft es mal, sich vorstellen, man wäre selbst den ganzen Tag in einer kleinen Badewanne gefangen. Würde ab und an in einen kleinen Pool gelassen. Kleine Kunststückchen. Dann wieder zurück in die Badewanne. Ich glaube, kaum jemand würde sich da wohl fühlen. Wieso sollten es dann die Wale?

Ich finde es wichtig, die Dokumentation zu sehen und obwohl sie bereits vor einigen Jahren recht populär war, sie immer wieder heranzuholen. Es ist so wichtig, damit auch der letzte Neandertaler die Grausamkeiten hinter diesen tollen Fassaden sieht. Damit diese Shows, das Halten und das Fangen von Walen endlich verboten wird.

Diese Diskussion kann man natürlich auch auf die Zoos und Tierparks ausweiten. Ist es wirklich nötig, einen Löwen hinter Gittern zu sehen? Haben wir heute, im 21. Jahrhundert wirklich keine andere Möglichkeit, uns die Tiere anzuschauen? Es gibt so viele tolle Dokumentationen. Wer unbedingt echte Löwen sehen möchte, soll nach Afrika gehen. Vielleicht sieht man dort ja einen in freier Wildbahn.

Bei Zoos bin ich selbst ehrlich gesagt oft Hin- und Hergerissen. Ich habe immer ein wahnsinnig schlechtes Gefühl, wenn ich einen betrete und die Tiere hinter Gittern sehe. Versuche das zu verdrängen. Aber wieso eigentlich? Damit ich einen tollen Nachmittag habe? Wenn man genauer nachdenkt, sind jegliche Haltungen von Wildtieren barbarisch. Und können eigentlich nie artgerecht sein. Schon gar nicht, wenn sie in einen völlig anderen Lebensraum gepfercht werden. Ich nehme mir für die Zukunft vor, meine Zoobesuche noch weiter zu reduzieren. Denn solange ich diese Zoos mit meinen Besuchen unterstütze, trage auch ich dazu bei. Und möchte ich das wirklich?

Aber zurück zu „Blackfish“. Ich lege diese Dokumentation wirklich jedem ans Herz. Sie ist absolut sehenswert. Sie ist bei Netflix und neuerdings auch bei YouTube verfügbar. Direkt im Anschluss habe ich auch gesehen, dass es einen zweiten Teil der Reihe gibt, diesen werde ich mir in den nächsten Tagen vermutlich auch noch anschauen.